Ich muss das jetzt mal fix runterschreiben, weil es so ein typisches Phänomen ist, und wirklich ärgerlich. Ja, in unseren digitalen Zeiten sind wir manchmal sehr ungeduldig. Aber auch verwöhnt (besonders von Amazon), was jeder E-Commerce-Händler – ob klein oder groß – nicht unterschätzen sollte.

Ich habe vorletzte Woche erstmalig bei einem mir bis dato unbekannten E-Commerce-Shop bestellt, über den ich in einem britischen Lifestyle-Medium gelesen hatte. Bei der Bestellung (Produkte im höheren Preissegment) habe ich mir keine großen Gedanken um die Sicherheit meiner Daten oder andere Bestellhindernisse gemacht, weil das Medium, das über die Firma und ihre Produkte berichtete, mein Vertrauen genießt. (Print wirkt zuweilen doch noch.)

Die Website sieht professionell aus. Das Bestellverfahren funktionierte perfekt. Und noch viel besser: die Lieferung kam – obwohl das Unternehmen im europäischen Ausland tätig ist – innerhalb von vier Tagen an und die Ware erfüllte auch noch das Produktversprechen der Firma. Ich habe mich aus lauter Begeisterung gleich für den Newsletter angemeldet.

Wochenmarkt: Keine Fragen. Aber der Internet-Handel hat seine Tücken…

Alles wunderbar?

Leider passte die bestellte Größe nicht (nicht eben ungewöhnlich). Also Umtausch. Laut Website kein Problem, Rücksendungskosten werden übernommen.

Toll, aber…

Um die Sendung zu retournieren, muss der Kunde allerdings ein Formular per Email anfordern. Ungewöhnlich, aber auch hier habe ich noch ein gewisses Verständnis, dass man eine kleine Hürde einbaut, um exzessive Bestellungen „auf Verdacht“ im Zaum zu halten.

Also schicke ich brav meine Mail an den Customer Service. Und warte….

Ich warte 24 Stunden. Ich befrage meine Social-Media-Blase, wie lange sie warten würden. Die meisten wären deutlich ungeduldiger und raten offizielle Verlautbarungen mit Nennung des Namens der Company auf Twitter und Facebook an. Als Profi sind mir die kleinen und großen Probleme von Online-Händlern durchaus bewusst – ich will nicht gleich die große Kanone aus dem Social-Media-Sortiment zücken.

Ich schicke eine Follow-up-Mail. Ich sehe, dass meine Mails überhaupt nicht geöffnet wurden.

Online-Paranoia. Jetzt werde ich unruhig. Ich mache mir ernstlich Gedanken, ob ich die Ware wieder loswerde, mein Geld zurückbekomme, die Sachen in Eigenregie zurückschicken soll.

Ich schreibe (noch freundlich) an die Social-Media-Seite des Unternehmens. Die Kommentarfunktion ist nicht freigegeben, aber binnen Minuten kontaktiert mich via Messenger ein Social-Media-Manager. Der ist sehr nett und professionell, entschuldigt die Verzögerung, versichert, er würde das Customer-Care-Team benachrichtigen. Doch beide Abteilungen sind scheinbar nicht optimal vernetzt. Oder sie haben gerade so viele Beschwerden, dass der Customer Support ertrinkt.

Es dauert weitere drei Stunden, bis ich eine Antwort auf meine Retouren-Anfrage bekomme. Formular anbei, kann die Ware nun zurückschicken. Soweit so gut. Gesagt, getan.

ABER: Ab jetzt muss ich weiter arbeiten, denn mein Vertrauensvorschuss ist erschöpft. Ich tracke die Rücksendung des Produktes inklusive Screenshots für den Nachweis, dass die Retoure auch angekommen ist. Ist sie. Derweil wurde der Betrag bereits abgebucht. Nun warte ich auf Nachricht zum weiteren Prozess. Das Follow-up habe ich in meinem Kalender bereits vermerkt.

Offen gesagt: Ich bin ganz und gar nicht glücklich mit dem Prozess. Und ich werde nicht umtauschen, sondern erst einmal abwarten, wie lange es dauert, bis meine Kreditkartenzahlung zurückgebucht ist. Ehrlich gesagt: ich weiß nicht, ob ich da überhaupt noch einmal einkaufen möchte.

So schnell geht das mit dem Vertrauensverlust in digitalen Zeiten.

Junge E-Commerce-Unternehmen sollten sich drei Dinge hinter die Ohren schreiben (so mancher alteingesessene Player übrigens auch):

  • Bereiten Sie sich auf erhöhte Anfragen nach einer positiven Presseberichterstattung vor. Wer keine PR-Agentur oder keinen Presseverantwortlichen im Unternehmen hat, sollte sein Unternehmen zumindest clippen und/oder Social Listening betreiben, damit Peaks aufgrund erfreulicher Medienberichte nicht zu Problemen führen.
  • Vernetzen Sie Customer Care und Social Media für eine wirklich gute Customer Experience: Wenn Sie gerade aufgrund hohen Auftragsaufkommen längere Reaktionszeiten haben, bereiten Sie ein entsprechendes Statement für Ihre Social-Media-Seiten vor. Und: Social ist sozial. Wir plädieren für einen offenen Umgang mit Kommentaren. Lassen Sie kritische Kommentare zu und beantworten Sie diese zügig. Das zeigt, dass hinter Ihrer Firma Menschen stehen. Und das schafft wiederum Vertrauen.
  • Loyale Kunden sind bessere Kunden. Viel zu viele Internetunternehmen befassen sich hervorragend mit Erstkunden. Die Performance sinkt schlagartig, wenn ein Kunde eine Nachfrage oder ein Problem hat. Schneller Abverkauf in Ehren – aber nachhaltig für das Geschäft ist das nicht. Eine gelungene Customer Experience hört nicht bei der Erstbestellung auf. Wer im Geschäft bleiben will, braucht treue Kunden. Die Technologie ist vorhanden.

 

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