Media for Equity – der Tausch von Unternehmensanteilen gegen Werbeplätze – ist in den DACH-Ländern mittlerweile fest etabliert. Junge Unternehmen nutzen M4E als effiziente Methode, um Massenmärkte zu erreichen und Bekanntheit via TV, Out-of-Home-, Print- oder Hörfunkwerbung aufzubauen. Auch die großen Medien-Firmen schätzen den Wert von M4E – als neues Business-Modell in Zeiten ständig sinkender Anzeigen-Spendings aufgrund der digitalen Verwerfungen und zweites Standbein im digitalen Sektor. Was bringt 2018 für das Konzept Media-for-Equity?

Wir haben uns dem Media-for-Equity-Vordenker Dr. Niko Waesche unterhalten – Gründer und Managing Director von German Media Pool.

 

Wer ist Niko Waesche?

 

Der talentierte Herr Waesche

 

Als Agentur haben wir in vielen seiner Projekte mit Niko zusammengearbeitet und auch das eine oder andere seiner brillanten Start-ups in Sachen Kommunikation betreut. Deshalb sind wir natürlich ein bisschen voreingenommen. Aber er gehört nun mal zu unseren bewährten Geschäftspartnern und ist – wie wir ihn beschreiben möchten – ein Mann mit vielen Talenten und Facetten: Kosmopolit, VC & Business Angle, Start-up-Enthusiast, Media-Experte, M4E-Vordenker, Pädagoge, klassischer Vertriebsmann. Und ein sehr anständiger Typ.

Niko gründete German Media Pool 2011 gemeinsam mit Aljoscha Kaplan. Zu seinen vorherigen beruflichen Stationen gehören Positionen als Global Industry Head for Media & Entertainment bei GfK SE und als Partner bei IBM Global Business Services, wo er den Bereich Media & Entertainment für Europa leitete. Niko hat zudem umfassende Expertise als Venture-Capital- und Angle-Investor. Seit Januar 2018 verantwortet er die Geschäfte der German Media Pool wieder gemeinsam mit Aljoscha. Mit einem Gesamt-Media-Investment in Höhe von 150 Mio. Euro ist German Media Pool heute der führende unabhängige Media-for-Equity-Investor in Deutschland. Aktuelle Investments sind der Fashion-Shop ABOUT YOU, die Secondhand-Plattform Momox und Clark, der Versicherer. Folgen Sie Niko auf Twitter – mehr über ihn erfahren Sie auch auf LinkedIn.

 

DAS INTERVIEW

FSI: Niko, Du hast das M4E-Konzept 2011 im DACH-Markt praktisch im Alleingang vorgestellt. Was hat Dich dazu bewegt und würdest Du das heute noch einmal tun?

Niko: Danke… kleine Korrektur, wir sind damals fast zeitgleich mit ProSieben gestartet. Aber ja, 2011 war der richtige Zeitpunkt wieder etwas zu bewegen in Deutschland. Ich hatte mich sehr in der New Economy engagiert und mir die Finger verbrannt – zu einem Zeitpunkt der völlig verrückten Investitionen und Bewertungen, die wenig Substanz hinsichtlich Vertrieb und Kunden vorweisen konnten. Dass die Party so außer Kontrolle geraten würde, war nicht geplant, aber sie endete viel zu früh für uns alle. Viele Initiativen standen nämlich noch ganz am Anfang, einige davon sehr vielversprechend – sowohl im B2C-Bereich wie in B2B. Als die digitale Revolution 2010 in die nächste Runde ging, war für mich der Zeitpunkt gekommen, wieder in den Ring zu steigen und Start-ups zu unterstützen.

Es gab immer noch eine Finanzierungslücke zwischen Europa und den USA. Wir dachten damals, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Start-up-Ökosystems durch den intelligenten Einsatz von Media verbessern können, indem wir die Kosten zur Kundengewinnung und den Cash-Druck für schnell wachsende Consumer-Unternehmen reduzieren.

Grundsätzlich stimmt das noch heute – das wesentliche M4E-Versprechen wird gehalten. Aber die Förderung junger Unternehmen hat sich verbessert – genauso wie die übergreifende Expertise, die Jungunternehmer heute vorweisen können. Wir haben es mit der zweiten oder sogar dritten Generation von Gründern zu tun. Und die sind wirklich smart. Für uns ist das großartig, weil es nichts Schlimmeres gibt, als ein Start-up mit Pauken und Trompeten zu bewerben, das noch gar nicht in der Lage ist, Online-Besucher in Kunden zu wandeln und zu halten.

Heute arbeiten wir mit sehr fortgeschrittenen und extrem schlauen Firmen wie ABOUT YOU, Momox, Clark oder Job Today, die Werbung nutzen, um ihr Wachstum zu potenzieren. Die nächste Herausforderung heißt Internationalisierung, auch mit Partnern. Obwohl Media for Equity heute eine sehr ausgereifte Form der Finanzierung in Schweden (der Dank gilt unseren Freunden von Aggregrate) und in Deutschland ist, kennen andere Länder dieses Konzept kaum. Es gibt jede Menge noch nicht angezapftes Potenzial, um neue Marken aufzubauen und neue Kunden zu akquirieren.

FSI: Was macht Deinen Job zur Herausforderung?

Niko: Ein Venture Capitalist, der sich lange hält, achtet auf seine Reputation. Gute Investoren sind bescheiden, weil jeder einen Fehlschlag erleben kann. Nach meinem Eindruck gehört das in den USA zum Allgemeinwissen. Es führt zur Kooperation von VCs und dazu, dass Erkenntnisse offen geteilt werden.

In Europa erleben wir manchmal ein weniger angenehmes Verhalten: Hinterhältigkeiten, das Verdrehen der Wahrheit und manchmal kaum echte Partnerschaftlichkeit. Aber wir müssen zusammenarbeiten, damit es funktioniert. Wir sind alle am Erfolg der Gründer beteiligt. Unternehmerschaft ist hart genug – wir sollten den Job nicht noch schwieriger machen. Nach dem das gesagt ist, möchte ich auf einige große, etablierte Venture Capital Fonds und Einzelpersonen hinweisen, mit denen wir in den letzten Jahren zusammengearbeitet haben. Ihr wisst, wen ich meine! Auch unter den neuen VCs aus Berlin gibt es großartige Leute mit der richtigen Einstellung, darunter Paua, Cherry, Fly und andere.

FSI: Aus Deiner jahrelangen M4E-Erfahrung – hast Du einen besonderen Rat oder Tipp für ein Start-up, das M4E 2018 für sich nutzen will?

Niko: Nicht zu früh in großanlegte Werbekampagnen einsteigen! Ihr braucht eine Strategie und müsst in der Lage sein, Kunden zu konvertieren und zu halten. Euer Digital-Marketing muss stehen und allen Ansprüchen gerecht werden. Denkt dran, dass zehntausende potenzielle Kunden nach euch suchen und eure Website und Mobile-Präsenzen besuchen werden. Lasst euch keine Märchen erzählen. Einige Media-Gruppen locken mit riesigen Rabatten, aber was dahintersteckt, ist nicht immer Gold. Auch ein 90 %-Rabatt ist nicht unbedingt ein Super-Deal. Redet mit so vielen Leuten wie möglich, die hier Erfahrung haben.

FSI: Niko, Du hast immer international gearbeitet und kennst fast die ganze Welt (zuletzt durch Deinen Job bei der GfK): Kannst Du uns etwas zu den kulturellen Unterschieden in puncto Werbung berichten – speziell in Bezug auf Start-ups? Haben wir Deutschen noch Nachholbedarf?

Niko: Das ist eine gute Frage. Ich denke, in mancher Hinsicht ist es umgekehrt. Die Deutschen sind zu wenig selbstbewusst und trauen dem Erreichten nicht genug. Doch die digitale Zukunft wird nicht allein im Silicon Valley entschieden. Digital ist nicht Eigentum von Kalifornien. Die Samwer-Brüder haben mit ihrem digitalen Imperium dafür gesorgt, dass ein Teil der weltweit besten und smartesten E-Commerce-Expertise heute aus Berlin kommt. Und wir sprechen hier von einer breiten Basis von tausenden von Leuten.

Im Grunde stehen die Samwers in der starken Handelstradition Deutschlands und haben sie nur fortgesetzt – all die Henkels, Albrechts, Ottos, Haniels… – die Liste ist lang und imponierend.

Nehmen wir das viel kleinere Beispiel Media for Equity als Innovation. Die Pioniere stammen aus Schweden, aber die einzige große Wirtschaft, die dieses Modell bisher auf professionelle und skalierbare Weise umgesetzt hat, ist Deutschland. Und das hat maßgeblich zum Erfolg der deutschen Start-up-Szene beigetragen. Klar, wir in Deutschland sollten ständig weiterlernen. Aber wir sollten dabei nicht vergessen, dass auch wir Erkenntnisse und Erfahrungen vorzuweisen haben.

FSI: Wenn wir von Werbung sprechen – gibt es aus Deiner Sicht ein neues heißes „Ding“ in 2018? Brauchen wir wieder ein bisschen mehr „Don Draper“?

Niko: Aus werblicher Perspektive ist die Diskussion über den Wert von Micro-Targeting gerade sehr spannend. Präzises Targeting ist ohne Zweifel ein mächtiges Instrument. Und Plattformen mit akkuraten und granularen Daten wie Facebook, Amazon und Google sind hier die Helden. Doch in der Media- und Werbebranche wächst die Einsicht, dass es neben dem Targeting auch um die Fähigkeit geht, die gesamte Verbraucherschaft zu erreichen. Diese „Old-School“-Denke ist ja nichts wirklich Neues, aber sie äußert sich heute auf Konferenzen, in Marketingabteilungen und in Agenturen. Es sieht ein bisschen so aus, als wäre Old School wieder cool. Ich würde das jedoch nicht überbewerten – es geht nicht zurück zu Don Draper. Wer heute erfolgreich sein will, muss ein echter Profi sein, extrem hart arbeiten und die gesamte Palette des Marketings beherrschen.

FSI: Niko, Du gehörst zu den freundlichsten Menschen, denen wir im Laufe unserer langen beruflichen Karriere begegnet sind. Wenn eine persönliche Frage erlaubt ist: Hast Du ein besonderes Rezept mit dem Du Dein (oder das Temperament von anderen) zügelst?

Niko: ? Vielen Dank für die netten Worte. Ich bin in Asien aufgewachsen und alle drei Jahre umgezogen – mein Vater arbeitete für ein Pharmaunternehmen. Diese Erfahrung hat mich Respekt vor anderen Menschen gelehrt. Ich fühlte mich überall willkommen. Ich war überall stets ein Gast. Das lehrt Bescheidenheit. Es lehrt, etwas zurückzugeben. Und es lehrt, stets ein freundliches Gesicht zu zeigen. Wer lächelt, wird überall auf der Welt verstanden. Ich denke die Deutschen sollten ruhig ein bisschen mehr lächeln. Und wir sollten uns im Schlange stehen beim Bäcker besser benehmen. Schaffen es höfliche Menschen in Deutschland überhaupt etwas einzukaufen?

FSI: Auch viel beschäftige M4E-Manager haben Hunger. Du postest öfters sehr appetitliche Fotos von Leckereien in den sozialen Medien. Was isst Du am liebsten?

Niko: Ich liebe Essen – und es liebt mich. Wir führen eine wunderbare und erfüllte Beziehung. Weil ich in Asien aufgewachsen bin, kann ich keine drei Tage ohne echte asiatische Hausmannskost auskommen. Und Sushi sind hier nicht gemeint. Die globale Gesellschaft hat eine Sushi-Überdosis. Tod durch Sushi! Aber ein wärmendes Curry, eine kräftige Ramen-Brühe, ein nussiges Pad Thai mit Shrimps, eine reife Mango oder die feine Textur von gebratenem Reis – das macht mich wirklich glücklich. Persönlich habe ich mir vorgenommen, Vegetarier zu werden – und zwar aus ethischen wie aus Umweltgründen. Aber wie es mit allen guten Vorsätzen ist – die Versuchung ist in der Regel stärker.

Vielen Dank, Niko! Und weil der Captain auch einen persönlichen (und nicht-kommerziellen) Food-Blog betreibt, empfehlen wir Dir unser Rezept für Pho Ba.

Pho ba für Freunde der asiatischen Küche

Es dürfte Dir schmecken ?.